MS-AKUT-RUFNUMMER: 02935 - 8080

Spezifische Therapie

Sauerlandklinik Hachen - Spezifische Therapie

Wir planen oder überprüfen für unsere Patienten individuell die geeignete spezifische Therapie. Eventuelle Änderungen erfolgen ausschließlich in enger Absprache mit den behandelnden Neurologen. Bei der Auswahl der individuell geeigneten Therapieform folgen wir den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie bzw. des Kernkompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS) innerhalb der Fachgesellschaft.

Schubtherapie

Inzwischen hat sich auch in der Therapie des akuten Schubes ein Stufenschema etabliert:

Stufe 1: Kortison-Stoß: 3 – 5 mal 1 g Kortison i.v.
Stufe 2: Kortison-Stoß: 3 – 5 mal 2 g Kortison i.v.
Stufe 3: Blutwäsche: Plasmapherese oder Immunadsorption

Unbestritten gilt heute die intravenöse Gabe von hochdosiertem Methylprednisolon (Kortison) als Therapie der Wahl beim akuten MS-Schub. Die Therapie sollte möglichst innerhalb von 3-5 Tagen nach Beginn des Schubes erfolgen. Die Behandlung kann je nach Schweregrad und Ansprechen der Symptome auf bis zu fünf Tage ausgedehnt werden. Sollte es zu keiner Besserung innerhalb von zwei Wochen kommen, kann ein erneuter Kortison-Stoß intravenös erfolgen, gegebenenfalls mit erhöhter Dosis (bis zu 5 x 2 g). Sollte auch dies keinen Erfolg zeigen, kann die Möglichkeit einer Plasmapherese/Immunadsorption in Erwägung gezogen werden.

Gemäß den Leitlinien für die spezifische Therapie kann bei der primär oder sekundär chronisch verlaufenden MS ein individueller Heilversuch mit einer sogenannten Kortison Intervalltherapie unternommen werden. Die Intervalle können in Abhängigkeit von der Verträglichkeit variiert werden. Auf Grund der nicht zu vernachlässigbaren möglichen Nebenwirkung ist die Kortison-Dosis an das Alter und die gesundheitliche Verfassung des Patienten anzupassen!

Nach einem Jahr der Intervalltherapie sollte der Patient untersucht und die Wirkung überprüft werden. Erst anschließend kann anhand der Ergebnisse über eine mögliche Fortsetzung entschieden werden.

Verlaufsmodifizierende Therapie
(Früher: Basistherapie/Eskalationstherapie)

Gemäß der Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Neurologie und KKNMS (siehe Schaubild)
werden derzeit elf Medikamente zur spezifischen Therapie der MS eingesetzt:

  1. Glatirameracetat (Copaxone®)
  2. Interferon-ß 1a (Avonex®)
  3. Interferon-ß 1a (Rebif®)
  4. Interferon-ß 1b (Betaferon®, Extavia®)
  5. Teriflunomid (Aubagio®)
  6. Dimethylfumarat (Tecfidera®)
  7. Azathioprin (u.a. Imurek®)
  8. Figolimod (Gilenya®)
  9. Natalizumab (Tysabri®)
  10. 10 Alemtuzumab (Lemtrada®)
  11. Mitoxantron (u.a. Ralenova®)
Klinisch isoliertes Syndrom (KIS)

Da die Multiple Sklerose bereits aktiv sein und dabei Gehirngewebe zerstören kann, ohne dass der Betroffene oder seine Umwelt etwas bemerkt, hat sich in der Vergangenheit die Erkenntnis durchgesetzt, so früh wie möglich mit der verlaufsmodulierenden Therapie (früher Basistherapie) zu beginnen. Es gilt, das Gehirn vor der zerstörerischen Entzündung zu schützen!

Kommt es zu einem ersten Schubereignis mit einem einzigen Symptom, in dessen Folge zwar eine Multiple Sklerose anhand der Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie: MRT) und Hirnwasseruntersuchung (Liquor) noch nicht bestätigt, doch alle infrage kommenden Differenzialdiagnosen ausgeschlossen werden konnten, spricht man von einem klinisch isolierten Syndrom (KIS bzw. engl. CIS). In diesem Falle ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich daraus im weiteren Verlauf eine MS entwickelt, sehr hoch. Deshalb erfolgt bereits in dieser Krankheitsphase die Empfehlung, mit einer Therapie zu beginnen.

Hierzu stehen derzeit die Medikamente 1 bis 4 aus der vorgenanten Liste zur Verfügung.

Schubförmig remittierende MS (RRMS)

Für diese Verlaufsform mit moderater/milder Krankheitsaktivität stehen die Medikamente 1 bis 7 (ehemals Basistherapie) zur Verfügung, wobei das Azathioprin nur noch selten zum Einsatz kommt.

Mit diesen Medikamenten soll möglichst ein „krankheitsfreier“ Zustand erreicht werden. Die KKNMS hat hierfür drei Kriterien entwickelt, die in der Verlaufsbeurteilung der Krankheit unter Anwendung eines dieser Medikamente erfüllt sein sollten:

Kriterium 1: Schubfreiheit
Kriterium 2: Keine Krankheitsprogression (stabiler EDSS und MFSC)
Kriterium 3: Keine negativen Veränderungen im MRT

Werden diese Kriterien unter der Therapie mit den oben genannten Medikamenten 1 bis 7 nicht erfüllt, kann dies für eine (hoch) aktive Verlaufsform sprechen und der Einsatz eines der oben genannten Medikamente 8 bis 10 (ehemals Eskalationstherapie) in Erwägung gezogen werden.

Sekundär chronisch progrediente MS mit und ohne aufgesetzte Schübe (SPMS)

Kommt es bei dieser Verlaufsform noch ab und an zu aufgesetzten Schüben, können gemäß der aktuellen Leitlinie die Medikamente:

  • Interferon-ß 1a (Rebif®)
  • Interferon-ß 1b (Betaferon®, Extavia®)
  • Mitoxantron (u.a. Ralenova®)

eingesetzt werden. Liegen keine aufgesetzten Schübe vor, ist eine Behandlung ausschließlich mit Mitoxantron möglich.

Primär chronisch progrediente MS

Seit Januar 2018 ist Ocrelizumab (Ocrevus®) für die Behandlung der primär-chronischen MS zugelassen.